von Johanna Czerny
Mai 2024 – etwas tut sich an den Unis und Hochschulen im deutschsprachigen Raum. 10 AVÜ-Mitglieder schwärmen aus und bringen den Verband für audiovisuelle Übersetzer*innen in 14 Städte, von Flensburg bis Graz, von Leipzig bis Düsseldorf. Die Aktion nennt sich AVÜ goes Uni und wurde ins Leben gerufen, um Berufsfelder wie Filmübersetzung, Videospiel-Lokalisierung und die Erstellung barrierefreier Fassungen ins Scheinwerferlicht zu rücken. So soll auf die Chancen und Herausforderungen aufmerksam gemacht werden, die diese Berufe und die dazugehörigen Branchen mit sich bringen, und zwar genau dort wo der Nachwuchs und die zukünftigen Kooperationspartner*innen für die Gewerke sitzen: in Studiengängen der Medienwissenschaft, auf Filmhochschulen und in Übersetzungsinstituten. Der AVÜ als Berufsverband für audiovisuelle Übersetzer*innen stellt sich dabei selbst vor und erreicht insgesamt über 250 Zuhörer*innen im gesamten deutschsprachigen Raum.
Die Idee für AVÜ goes Uni entstand 2023 auf der Tagung des Berufsverbandes. Eine Handvoll Mitglieder schloss sich zusammen, kontaktierte zahlreiche Hochschulen und Institute, mobilisierte freiwillige Vortragende und rüstete sie für ihre Veranstaltungen mit Präsentationen und Merch aus. Die Formate waren dabei flexibel an die Mitglieder und Studiengebiete der Universitäten angepasst. In Leipzig war der AVÜ zum Beispiel auf einem Berufsinformationstag für Studierende vertreten, während am SDI München eine Podiumsdiskussion mit drei Vertreter*innen aus verschiedenen audiovisuellen Übersetzungsberufen stattfand, daneben waren Vorträge, Praxis-Workshops und sogar potenziell Onlineformate im Repertoire. Die gesamte Organisation und Durchführung der Aktion fand auf ehrenamtlicher Basis statt – ein gutes Beispiel für die Solidarität und den kollegialen Austausch, für die der Verband steht.
Am 13. Mai 2024 sitze ich im Zug nach Rostock. Mein Laptop ist vor mir aufgeklappt, daneben ein Heißgetränk aus dem Bordbistro der Deutschen Bahn. Es ist mein erster Vortrag für die Aktion, mein Publikum sind rund 50 Studierende des Studiengangs Medienwissenschaft an der Universität Rostock. Im Gepäck habe ich Flyer und Sticker unseres Verbandes und eine Präsentation, die randvoll ist mit Einblicken in die Tätigkeit als Videospielübersetzerin, die Übersetzungsbranche und die aktive Verbandsarbeit im AVÜ. Die Präsentation ist gemeinsam mit Kolleg*innen aus der Filmübersetzung, Untertitelung und Videospiellokalisierung erstellt worden und ich habe sie für diesen Vortrag noch mal frei angepasst. Der Weg von Nürnberg nach Rostock ist kein Katzensprung, aber das Anliegen liegt mir am Herzen: Audiovisuelle Übersetzung sichtbar machen.
Als die Ringvorlesung beginnt, heißen mich die Studierenden in Rostock herzlich willkommen. Sie haben eine kleine Vorstellung vorbereitet. Die Rednerin beginnt zu sprechen, neben ihr steht ein weiterer Student und blättert für das Publikum Seite für Seite ausgedruckte Untertitel um – Live-Untertitelung wie ich sie noch nie gesehen habe. Ich bin begeistert. Obwohl die Studierenden nicht selbst Übersetzung studieren, haben sie viele Fragen. Wie hängt Untertitelung und Synchronisation zusammen? Welche Schwierigkeiten gibt es bei der geschlechtergerechten Übersetzung von Texten? Ich spreche von #Translatorsinthecredits – einer Bewegung, die die Nicht-Nennung von Videospiel-Übersetzer*innen anprangert, da diese sich direkt auf deren Karrierechancen auswirkt. Ähnliche Bewegungen gibt es auch in anderen Übersetzungsgewerken und man merkt, dass die Ungerechtigkeit die Studierenden bewegt und dass sie gleichzeitig von den Herausforderungen des Berufs fasziniert sind. Meine Hoffnung ist, dass sie später, wenn sie selbst mit Medien arbeiten und vielleicht Übersetzer*innen engagieren, ein Bewusstsein für die Schwierigkeiten und den Wert unserer Arbeit haben.
Einen Vortrag am IÜD Heidelberg und eine Gesprächsrunde mit meinem Kollegen David Drevs an der LMU München später ist mein Beitrag für die erste Ausgabe der Aktion AVÜ goes Uni geleistet. Das Social-Media-Team des Verbandes hat bei der Aufbereitung der Aktion für die sozialen Netzwerke ganze Arbeit geleistet. Aber nach der Aktion ist vor der Aktion und schon jetzt ist die nächste Veranstaltung für das Wintersemester geplant und erste Ideen für nächstes Jahr sind gesammelt. Am 13.11.24 sitze ich im Zug nach Berlin und schreibe diesen Blogpost als Nachbereitung für unsere, meiner Meinung nach erfolgreiche, Aktion. Ich hoffe, dass wir unseren Beruf noch an vielen Unis vorstellen, langfristig etwas verändern und Leute für audiovisuelle Übersetzung begeistern werden. Also, an welche Uni soll es als Nächstes gehen?
Eine großartige Aktion! Und ein großes Danke an alle Beteiligten!!
Starker Text, starkes Projekt!